Interview by Elena Pavlenko, published on Arte Creative, in German / French.

Read the German Version – or watch SUPERHIGH:

Das Künstlerduo Boris Eldagsen und Sabine Taeubner sind auf der Suche nach dem #SUPERHIGH: Sechs Kandidaten treten gegeneinander an und stellen legale Methoden vor, um high zu werden. Ihr habt eigene Ideen? Dann teilt und diskutiert mit uns unter SUPERHIGH und tragt zur HIGHBRARY bei.

ARTE Creative: Einmal ehrlich, wie high ist SUPERHIGH?
Sabine Taeubner: Wie high die Kandidaten werden ist ganz unterschiedlich. Zunächst einmal sind die Methoden alternativ, was nach Alkohol oder Zigaretten klingt. Solche Sachen sind aber ausgespart. Wir haben andere Methoden mit den Leuten gemacht. Da konnte man sich auf den Boden legen und zehn Minuten lang mit Händen und Füßen Bücher jonglieren und balancieren und sehen, ob es anschlägt. Wir haben uns für zehn Minuten Binaural Beats angehört, haben bestimmte Sprachtechniken ausprobiert…
Boris Eldagsen: Das Ziel ist für uns, dass auch der Betrachter am Ende eine Art Highgefühl hat.

Welche Droge hat Sie auf die Idee gebracht?
Taeubner: Drogen im klassischen Sinn waren nicht die ausschlaggebend Idee.
Eldagsen: Mir geht es künstlerisch immer um das menschliche Bedürfnis sich ins Positive oder ins Negative auszulösen: „How to disappear completely“. Da sind Drogen oder auch die mystische Erfahrung des Einswerdens immer Thema. Der Schritt war für mich nur ein ganz kleiner. Was wir versuchen und was uns auch viel Spaß macht, ist in einer solchen Arbeit verschiedene Welten aufeinanderprallen zu lassen. Über zwei Jahre lang habe ich alternative Methoden gesammelt. Viele davon kommen aus Traditionen, die sehr alt sind, wie der tanzende Derwisch von den Sufis oder gewisses Meditationsformen aus Indien oder China.

Sie sind viel gereist, haben in unterschiedlichen Ländern gearbeitet: Haben Sie im Umgang mit Drogen Unterschiede bemerkt?
Eldagsen: Ja, ich habe acht Jahre lang zur Hälfte in Australien gelebt und kann behaupten, dass dort ein ganz legales Mittel wie Alkohol am Wochenende zu viel mehr Aggression auf den Straßen führt, als in Deutschland. Doch grundsätzlich ist dieses Bedürfnis high zu werden überall vorhanden. Das ist etwas ganz Menschliches. Und wenn ein Motiv darunterliegt, dann ist es die Angst vor der eigenen Sterblichkeit. Sich damit auseinanderzusetzen ist ein großes Problem für alle.

Ihr persönlicher Tipp um SUPERHIGH zu werden?
Taeubner: Ich habe festgestellt, dass die visuellen Highs bei mir persönlich sehr stark wirken. Ob mir das richtig gut gefallen hat und mein Allerliebstes ist, weiß ich nicht. Aber ich hatte tatsächlich zwei Tage Sehstörungen und war dann erstaunt wie viel ich damit in meinem Leben verändert habe. Ja, das kann ich empfehlen, bei mir hat es funktioniert.
Eldagsen: Was bei mir funktioniert hat, sind die Binaural Beats, aber das führt eher zu einem Superschwindelgefühl als zum SUPERHIGH. Was ich positiv finde, das ist Kin-Hen-Meditation, also etwas völlig Sinnloses mit ganzer Hingabe machen, weil das viel mit meiner Existenz als Künstler zu tun hat. So fühle ich mich andauernd.

SUPERHIGH ist eine Parodie auf Casting-Shows. Wollten Sie sich an diesem beliebten Fernsehformat rächen?
Eldagsen: Wir treiben das ganze Format ins Paradoxe. Es geht um innere Zustände: Kann man die überhaupt vergleichen? In der Vergangenheit habe ich eine künstlerische Arbeit zum Thema Musical und eine andere über Karaoke gemacht. Da könnte man meinen, ich sei Fan von Musical, Karaoke und Casting-Shows, bin ich aber nicht. Vielleicht habe ich eine Tendenz mir gerade die Sachen rauszusuchen, bei denen ich eher skeptisch bin und dann zu schauen, wohin der Prozess mich führt.

Was soll SUPERHIGH nicht sein?
Taeubner: Also ich möchte keine Aussage, keine Bewertung über Drogen und den Drogenkonsum treffen. Da muss sich jeder eine eigene Meinung bilden. Wir haben auch in den Vorgesprächen gemerkt, wie selbst bei meditativen Formen viele Leute Ängste und Vorbehalte haben. Und wie sich zum Beispiel das Thema Alkoholkonsum in unserer Gesellschaft in den letzten 20 Jahren verändert hat, dass heute viel mehr reglementiert wird. Es ist wichtig, dass man keine grundsätzlichen oder pauschalen Aussagen trifft.
Eldagsen: Unser Thema ist Bewusstseinsveränderung: Wenn wir eine Verschiebung der Wahrnehmung beim Betrachter hervorrufen können, dann haben wir schon ein großes Ziel erreicht. Wir bewerben keine der Methoden, die gezeigt werden, weder alternativ noch klassisch. Wir lassen sie in dieser Welt, teilweise fiktiv, teilweise echt, teilweise inszeniert, aufeinanderprallen und gucken was passiert. Das Ganze ist für uns also gewissermaßen ein groß angelegtes Menschenexperiment.

In ihrer „School of Hope“ schicken Sie Jesus in den Ring. Welche bekannte Person, tot oder lebendig, würden Sie gerne treffen?
Eldagsen: Tot oder lebendig? Für einen Kaffee oder für einen Tag? Oder um die Hand zu schütteln? Also von den lebenden Künstlern würde ich gerne noch Alejandro Jodorowsky treffen, der für mich als Künstler und Mensch eine große Inspiration ist und für den in SUPERHIGH eine kleine Hommage eingebaut wurde. – Wir verraten aber nicht wo. Eine andere Person wäre Roger Ballen gewesen, aber den habe ich vor sechs Wochen bei einem Workshop in Irland treffen können.

Welches Projekt würden Sie realisieren wenn es keinerlei Grenzen gäbe?
Eldagsen: Wir haben natürlich keine Fünf-Jahres-Pläne. Bei diesem Mockumentary-Showformat poppt uns jede Woche eine andere potentielle Idee auf. Statt SUPERHIGH dann vielleicht das SUPERTRAUMA, wo wir jeden mit seinem persönlichem Trauma antreten lassen und in der Jury sitzen lauter minderjährige Jungfrauen. Oder auch den SUPERSEX. Wir hatten uns überlegt, welche Formate es im Fernsehen noch nicht gibt, in denen es um solche unvergleichbaren Gefühle geht. Aber das ist eher eine Kreativübung, als dass wir das definitiv machen möchten.

Ist das Thema für Sie dann mit der Videoarbeit zu SUPERHIGH erschöpft?
Eldagsen: SUPERHIGH ist eine Videoarbeit mit einer bestimmten Laufzeit, ein Kanal. Aber wir haben es von Vornherein als Installation gedacht, als eigene Welt, in die man eintritt. SUPERHIGH als Projektion, drum herum psychedelische Tapeten, Placebo-Drogen, Sitzecken, Räucherstäbchen. Als eine Art Vergnügungspark wie Disneyland, gerne auch in der Nachbarschaft von Paris. Daraus kann man auch in Event machen: ein Workout mit Personal Trainer. In der Zukunft versuchen wir das mit Museen umzusetzen. Der erste Schritt ist, die Arbeit fertigzustellen. Der zweite Schritt wäre dann um diese Arbeit herum die SUPERHIGH-Erlebniswelt als Installation aufzubauen.

Mit dem SUPERHIGH-Dinner gehen Sie schon in die Richtung…?
Eldagsen: Ja, Sabine und ich haben jetzt angefangen hier in Berlin SUPERHIGH-Dinnerparties zu machen. Wir laden Leute ein, die wir nur einmal getroffen haben oder die jemand mitbringt, die wir also nicht kennen. Dann wählt man einige der Methoden aus und wir probieren die gemeinsam. Sabine gestaltet auch das Menü des Abends dementsprechend.
Taeubner: Es gibt ja die Idee: Wenn ich Alkohol getrunken habe, wie lange ist das noch in meinem Blut nachweisbar? Wann darf ich wieder Autofahren? Wir versuchen bei dem Dinner genau das Gegenteil zu machen. Da haben wir zum Beispiel das klassische Mohnbrötchen, das jeden Opiattest positiv anschlagen lässt. Ich bin noch am Schauen, was es in dieser Richtung zu kaufen gibt. Im Lebensmittelmarkt, da ist alles noch im grünen Bereich.
Eldagsen:: Wir versuchen Gerichte aus Lebensmitteln zu zaubern, die das Potential haben, einen high zu machen, aber dieser alternativen Welt angehören: Mohn oder auch Muskatnuss, all diese Hanfsamen. Es ist also kein Drogenessen, das sind keine Haschkekse. Das ist ein spannendes Experiment, mit dem man in der Zukunft noch viel Spaß haben kann.
Wer das liest, kann uns gerne einladen, wir machen das dann.
Taeubner: Wir kommen vorbei!

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Portrait by Jan Sobottka / catonbed.de